Herbstveranstaltung am 23. Oktober 2017 im Maritim Airport Hotel Hannover

Ob 2017 ein Schicksalsjahr sein wird, das wollte Matthias Fornoff dann doch nicht abschließend bejahen sondern lieber der Bewertung der Historiker in ein paar Jahren überlassen. Allerdings benannte der Leiter der ZDF-Redaktion für „Politik und Zeitgeschehen“, bekennender 96-Fan und Mr. Politbarometer in seinem Vortrag eine Vielzahl von Entwicklungen und Ereignissen in den letzten 12 Monaten, die deutliches Zeichen für „Politik im Umbruch“ sind. Und zwar in Deutschland, den USA und in Europa.

So bewertete Matthias Fornoff die Ergebnisse der jüngsten Zahlen in Deutschland als Mischung aus spürbarem Protest gegen Verharmlosung von Problemen und Sehnsucht nach etwas Neuem, gepaart mit dem Wunsch nach Stabilität an der Spitze unseres Landes. Dort steht noch und wohl auch weiter eine Kanzlerin, die nach einem Wahlkampf light zwar die SPD besiegt hat, aber nun mit einer eventuellen Jamaika-Koalition die Quadratur des Kreises schaffen muss, obwohl sie selbst nicht mehr unumstritten und alternativlos ist. Vor allem der zwischenzeitliche staatliche Kontrollverlust während der Flüchtlingskrise hat Reputation und Motivation gekostet, so das Ergebnis der Analyse von Matthias Fornoff.

Großen Raum nahm auch die Einschätzung der Situation bei unserem fremd gewordenen Freund, den USA, ein. Auf der Welle des Protests gegen das Establishment ins Weiße Haus gesurft, spaltet Trump das Land und verstört seither durch Inhalt und Form seiner Botschaften. Vielen Amerikanern, so Fornoff, ist die Globalisierung zu weit ins Mark der amerikanischen Seele vorgedrungen und hat dazu geführt, dass sozialer Abstieg zur Normalität geworden ist. Trump vermittelt mit „America first“ die Hoffnung auf eine Renaissance des amerikanischen Traums und grenzt sich damit deutlich von den „sozialdemokratischen Ansätzen“ seines Vorgängers Obama ab. Sicherheitspolitisch brisant ist die Tatsache, dass in Washington so viele Militärs wie nie zuvor zivile Regierungsämter innehaben. Damit wachse die Gefahr, dass militärische Optionen zur Lösung von Konflikten unbedacht und reflexartig eingesetzt werden – und dies alles unter dem leicht reizbaren, unberechenbaren Trump als Oberbefehlshaber der amerikanischen Streitkräfte.

Amerikas veränderte Rolle in der Welt könnte Auftrag und Chance für die EU sein, mehr internationale Verantwortung zu übernehmen, so Fornoff. Immerhin hat die EU im Jahr 2012 den Friedensnobelpreis erhalten und Europa müsste den Segen von 72 Jahren Frieden auf dem Kontinent zu schätzen wissen. Die EU sei jedoch gerade selbst in Unordnung geraten, wenn man nur an den Brexit, separatistische Tendenzen in Spanien oder nationalistische Mehrheiten in Österreich und östlichen Nachbarstaaten denkt. Und auch Deutschland – zwar wirtschaftlich stark, aber politisch uneins und im Umbruch – leiste aktuell nicht wirklich einen überzeugenden Beitrag für Zukunftsoptimismus, sondern zeigt sich gesellschaftlich unbeweglich, Bewährtes bewahrend, ohne großen Mut zur Veränderung. Dazu passend gab Matthias Fornoff dem Publikum als Fazit sein persönliches Credo mit auf den Weg: „all of you can make a difference.“