Treffen des GvnK-Vorstands mit den Landtagsausschüssen für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr sowie Haushalt und Finanzen am 8. Mai 2015 im Niedersächsischen Landtag

Auch im Jahr 2015 fand der traditionelle Gedankenaustausch zwischen dem Vorstand des Gesamtverbandes und den Mitgliedern des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr sowie für Haushalt und Finanzen des Niedersächsischen Landtags unter Leitung der beiden Ausschuss-Vorsitzenden, Frau Tippelt und Herrn Dr. Siemer, statt.   

Auf Basis der vorab von den beiden Ausschüssen benannten Themen informierten die Mitglieder des Vorstands des Gesamtverbands über aktuelle Fragestellungen und Entwicklungen der Kreditwirtschaft und Kreditinstitute in Deutschland und Niedersachsen:


Zins- und Konjunkturentwicklungen und deren Auswirkungen auf Geschäftsmodelle, Erträge und Kosten von Kreditinstituten
Dr. Heinrich Jagau skizzierte in seinem Vortrag die weltwirtschaftlichen Tendenzen und Entwicklungen an den Kapitalmärkten. Vor allem der kräftige Rückgang des Ölpreises und der veränderte Wechselkurs des Euro zum US-Dollar wirkten zuletzt stark stimulierend auf die Konjunktur. Während in den USA positive Tendenzen zu beobachten sind, verlangsamt sich die Dynamik in China oder brechen Absatzmärkte wie z.B. in Russland weg. Europa verzeichnet unverändert eine heterogene Entwicklung, je nach Robustheit der einzelnen Volkswirtschaften, der Bereitschaft zu Strukturreformen und der jeweiligen Höhe der Staatsverschuldung.  Deutschland verfügt dabei – bedingt durch hohe Exporte, eine anziehende Binnenkonjunktur und eine verringerte Arbeitslosigkeit – über solide Wachstumsperspektiven. Erhebliche Effekte gehen von den niedrigen Zinsen und der extrem expansiven Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) aus, die voraussichtlich noch längere Zeit andauern wird.

Für die Kreditinstitute sind damit sinkende Erträge verbunden, die – zusammen mit weiter steigenden Kosten für regulatorische Anforderungen und für die rasante Digitalisierung – enorme Herausforderungen darstellen. Hinzu kommen nach Aussage von Dr. Jagau erhebliche Belastungen für die Kreditinstitute aus einer sehr verbraucherorientierten Rechtsprechung. Insgesamt werden nach seiner Einschätzung die Kreditinstitute auch wegen des veränderten Kundenverhaltens die Präsenz in der Fläche weiter reduzieren, an verbleibenden Standorten jedoch dafür die Qualität der Beratung stärken.

Von der Bankenunion zur Kapitalmarktunion
Dr. Ulf Meier berichtete im Anschluss über die Entwicklungen auf europäischer Ebene. Während zuletzt unter dem Eindruck der Finanzmarktkrise im Jahr 2008 dieUmsetzung von Sicherungs- und Stabilisierungsmaßnahmen (z.B. bei der Aufsicht, der Abwicklung der Abwicklung von Kreditinstituten und der EU-Einlagensicherung) anstanden, betreffen aktuelle Vorschläge die Weiterentwicklung der Märkte im Sinne eines echten Binnenmarktes für Kapital und Finanzierungen. Damit sollen ergänzend zu den Kreditinstituten als Finanzierungsquellen effiziente Kapitalmärkte entstehen, um bessere Möglichkeiten

» für mehr Investitionen (insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen)
» für Infrastrukturprojekte und
» für die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität der EU als Investitionsstandort

zu schaffen. Aktuell hat im Februar 2015 die EU-Kommission ein sog. Grünbuch als Konsultationsgrundlage veröffentlicht, aus dem im Laufe des Jahres 2015 ein Aktionsplan entstehen soll.

Ziel ist es, den Aktionsplan und die damit verbundenen Maßnahmen noch innerhalb der laufenden Legislaturperiode der EU-Kommission bis zum Jahr 2019 umzusetzen.

Gegebenheiten und Perspektiven der Finanzierung privater, gewerblicher und kommunaler Kunden
Unverändert stellt die Finanzierung verschiedener Zielgruppen eine der Kernaufgaben der Kreditwirtschaft dar. Dabei sind die Kreditinstitute nach Aussage von Robert Cholewa seit jeher schon aus eigenem Interesse bemüht, möglichst vielen Finanzierungswünschen ihrer privaten, gewerblichen und kommunalen Kunden nachzukommen, sofern die wirtschaftlichen Voraussetzungen gegeben sind. Der Finanzierungsbedarf der privaten Kunden hat sich zuletzt weniger dynamisch entwickelt als die Vermögensbestände und wird von allen Gruppierungen der Kreditwirtschaft gut erfüllt.

Auch bei den Unternehmenskunden gab es in der Vergangenheit in Deutschland keine Kreditklemme, bedingt durch die hohe Eigenfinanzierung, die verbesserte Eigenkapitalausstattung und die Vielfalt der am Markt tätigen Kreditinstitute. Gleichwohl verzeichnen Alternativen zum traditionellen Bankkredit einen stetigen Bedeutungs-zuwachs, zumal das Investitionsklima in Deutschland unverändert positiv ist.

Die Finanzierung kommunaler Kunden hat nach Einschätzung von Robert Cholewa eine weiter hohe Bedeutung für alle Kreditinstitute. Jedoch zeichnen sich aufgrund von neuen europäischen Regelungen und deren Umsetzung in Deutschland durch CRR/CRD IV erhebliche Auswirkungen auf das Kommunalkundengeschäft der Kreditinstitute bereits ab. Mögliche Folgen für die Kommunalfinanzierung könnten in einer Beschränkung der Kreditlaufzeiten, einer Verteuerung der Kredite und einer eventuellen Eigenkapitalunterlegung bestehen. Hinzu kommen auf Seiten der Kommunen vielfältige Herausforderungen durch wachsende Sozialausgaben, einen hohen Schuldenstand - häufig finanziert durch kurzfristige Kassenkredite – sowie in vielen Fällen einen gewissen Investitionsstau.

Herausforderungen der Digitalisierung
Markus Rammes berichtete in der Folge anschaulich von denerheblichen Herausforderungen für Kreditinstitute, die mit der zunehmenden Digitalisierung und Automatisierung von Prozessen in Deutschland zu beobachten sind.

Diese „neue industrielle Revolution“ ist sowohl auf die rasche Zunahme der Zahl mobiler Endgeräte als auch auf das veränderte Kundenverhalten zurück zu führen, ohne dass bereits ein Ende der Entwicklungen absehbar ist. Damit einher geht der starke Anstieg der Nutzung elektronischer Angebote und der Rückgang der Bedeutung des stationären Vertriebswegs „Filiale“, der sich in rückläufigen Zahlen der Zweigstellen aller Bankengruppen niederschlägt. Konkurrenz erwächst den etablierten Kreditinstituten durch sog. FinTechs, die mit guten Ideen, kundenfreundlichen Lösungen und intelligenter Nutzung von Technologien und verfügbaren Daten eine echte Bedrohung darstellen, aber auch etablierte Kreditinstitute zur Weiterentwicklung ihrer Geschäftsmodelle veranlassen. Tatsächlich befindet sich die Welt, auch die der Kreditinstitute, in einem starken Wandel - die Keditinstitute stellen sich diesen Herausforderungen sowohl im persönlichen Kontakt als auch in der "digitalen" Welt.

Mittelstand und Förderkulisse – Sachstand und Ausblick, speziell zu Niedersachsen
Hans-Christian Schneider betonte in seinem Vortrag die hohe Bedeutung von Themen rund um Energie-Effizienz bei Fördermaßnahmen in Deutschland und auch in Niedersachsen. Hierbei engagieren sich die Kreditinstitute sowohl inhaltlich und kommunikativ nach außen als auch in der Begleitung ihrer Kunden, wozu nicht zuletzt auch die finanzielle Unterstützung durch öffentliche Mittel und Programme belebend beiträgt.Nach den Vorträgen entwickelte sich eine lebhafte Diskussion, in der sowohl die vorgestellten Themen als auch weitere, die Abgeordneten interessierende Fragestellungen behandelt wurden. Einigkeit bestand bei allen Beteiligten, dass dieser vertrauensvolle Austausch zwischen Politik und Vertretern der Kreditinstitute in Niedersachsen ein gutes Format für das Verständnis von Entwicklungen und Hintergründen bei Kreditinstituten und deren Agieren am Markt darstellt.

Die Gesamtpräsentation können Sie als Download einsehen.